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Dein Gemüse kennt dich –
radiesli GmbH

Von Hildegard Backhaus Vink

Die radiesli GmbH in Worb betreibt als eine der ersten in der Schweiz einen gesamten Bauernhof als solidarische Landwirtschaft. Gemeinschaftlich bewirtschaften sie den Hof, setzen die Löhne und Preise fest und verteilen die Ernte. Sogar ein Teil der Betriebs-Darlehen stammen aus der Gemeinschaft – ein anderer Teil von der Freien Gemeinschaftsbank.

Ein übergrosses, umgekehrtes rotes Radiesli mit einer eindrucksvoll geschwungenen Wurzel ziert die Front des holzverkleideten Bauernhauses unweit des S-Bahnhofs Worbboden. Der radiesli-Hof, wie er heute heisst, ist seit 2021 im Besitz der radiesli GmbH.

Wie alles begann
«Es fing damit an, dass die Gärtnerin Marion Salzmann 2011 eine Vertragslandwirtschaft ins Leben rufen wollte und einige Leute um sich versammelte », beginnt Niculin Töndury, heute Landwirt auf dem Hof, zu erzählen. «In Worb hatten sie Kontakt zum Vorbesitzer des Hofes, der ihnen ein Feld zum Gemüseanbau überliess und Infrastruktur zur Verfügung stellte.» So konnte das Projekt «radiesli» starten. Ein Verein wurde gegründet und innerhalb kürzester Zeit fanden sich rund 100 Menschen, die sich verpflichteten, die gesamte Ernte ein Jahr im Voraus zu bezahlen und auf dem Feld oder bei anderen Tätigkeiten mitzuhelfen. Der Preis für die wöchentliche Gemüsetasche (der «Ernteanteil») bleibt immer gleich, egal ob die Ernte reich oder mager ausfällt. «Deshalb heisst das ‹solidarische Landwirtschaft›: Das Risiko wird von den Konsument:innen mitgetragen und lastet nicht allein auf den Produzent:innen», erklärt Niculin Töndury.

Dein Gemüse kennt dich
«Uns ist es wichtig, dass die Menschen einen Bezug zur landwirtschaftlichen Realität erhalten», meint Niculin Töndury weiter. «Wenn ich das Gemüse selbst gezogen habe, kann ich es anders wertschätzen.» Vielleicht heisst deshalb das Gemüse-Abo «Dein Gemüse kennt dich»? Angebaut wird im Wesentlichen gemäss biologisch-dynamischer Anbauweise, aber ohne Zertifizierung.

Vom Feld zum Hof
Das Jahr 2014 brachte eine Wende für den auf mittlerweile 300 Mitglieder gewachsenen Verein: Der Bauer wurde pensioniert und wollte den Hof abgeben, für radiesli eine einmalige Gelegenheit, sich als Pächterin zu bewerben – mit Erfolg. Für die Betriebsführung wurden die Landwirt:innen Niculin und Ursina Töndury sowie Maria Jakob gefunden. radiesli gründete eine GmbH und stellte die fünf ständig den Hof bewirtschaftenden Menschen an, die «Hofgruppe». Familie Töndury zog ins Stöckli. Damit war innerhalb weniger Jahre der Sprung von einem gemeinschaftlich bebauten Gemüsefeld zu einem 10, 5 Hektaren grossen Hof mit Vieh und Infrastruktur gelungen.

radiesli-Hof
Die Hofgruppe schaffte eine Kuhherde, Geissen und zahlreiche Hühner an, pflanzte 30 Hochstamm-Obstbäume, säte eine grosse Vielfalt an Getreide- und Gemüsesorten aus und erneuerte die Infrastruktur, so z. B. die Kühlanlage. Die beträchtlichen Mittel dafür wurden aus dem Vereinsumfeld zusammengetragen. 2017 wurde der nun «radiesli-Hof» genannte Landwirtschaftsbetrieb auf das Gütesiegel Bio Suisse («Knospe») umgestellt. Das Wichtigste aber war: radiesli wagte den Versuch, den Hof gesamthaft nach dem Modell der solidarischen Landwirtschaft zu bewirtschaften. Alle Entscheide wurden und werden mit den Vereinsmitgliedern diskutiert, gemeinschaftlich getragen und finanziert. «Wir haben gesagt: Wir gehen aufs Ganze und fangen einfach an», erzählt Niculin Töndury mit leuchtenden Augen. «Es gab keine Beispiele für Höfe, die gesamthaft solidarisch geführt werden.» Wenn er jetzt zurückblickt, sei «der Anfang recht chaotisch gewesen », beschreibt er den Einstieg. Die Preise für die Ernteanteile und die Löhne der Hofgruppe – Bedarfslöhne – werden in gemeinsamen Prozessen von den Vereinsmitgliedern und der Hofgruppe festgelegt. «Der eigene Bedarf ist gar nicht so leicht einzuschätzen, wenn man die Erträge aus dem Betrieb vor Augen hat»; sagt Niculin Töndury dazu. «So tendiert man eher zur Selbstausbeutung. Denn woher soll as zusätzliche Geld für eine Lohnerhöhung kommen – soll man die Beiträge für die Ernteanteile erhöhen?» Solche Fragen sind Gegenstand intensiver Diskussionsrunden mit allen Vereinsmitgliedern.

Der eigene Hof
2021 erfolgte der vorerst letzte grosse Entwicklungsschritt. Nach längeren Gesprächen mit dem Bauern wagte die radiesli GmbH 2021 den Sprung ins kalte Wasser: Mithilfe umfangreicher Darlehen aus dem Umkreis des Vereins und von der Freien Gemeinschaftsbank kaufte sie den Hof. Um die von der jahrzehntelangen intensiven Landwirtschaft strapazierten Böden widerstandsfähiger und ertragreicher zu machen, begann radiesli, mit regenerativer Landwirtschaft die Bodenfruchtbarkeit wieder aufzubauen. Dazu wurde ein bodenschonender Pflug, ein sogenannter «Geo-Hobel», angeschafft, der von einem leichten Traktor gezogen wird und nur die oberste Pflanzenschicht abträgt, die Wurzeln aber intakt lässt. Auf diese Weise bleiben die Bodenlebewesen erhalten, die den Humus aufbauen. Zwischen den Fruchtfolgen baut radiesli speziell entwickelte
Pflanzenmischungen an, die für einen lebendigen Boden sorgen. «Ob der Humusaufbau gelingt, sehen wir erst in 20 bis 30 Jahren», meint Niculin Töndury zum Abschluss. «Wir haben uns oft in den letzten 12 Jahren überraschen lassen und bleiben neugierig.»

Erklärt: radiesli

radiesli baut in einer Vierfelderwirtschaft 60 verschiedene Gemüse aus samenfesten (vermehrungsfähigen) Sorten an, dazu Linsen, 5 bis 6 Sorten Getreide sowie 5 Sorten Hochstamm-Obst. Auf dem Hof leben rund 50 Hühner, eine kleine Geissenherde und 8 Mutterkühe, die den Sommer auf der Alp verbringen.

Der Hof ist als Kreislauf angelegt: Die Rinder sorgen für den natürlichen Dünger und werden mit hofeigenem Gras gefüttert. Sie werden tierschonend auf dem Hof geschlachtet. Die männlichen Küken werden aufgezogen und zusammen mit den Eiern als Suppenhuhn verkauft. Das Getreide wird in einer lokalen Mühle weiter verarbeitet.

Angebaut wird im Wesentlichen nach biologisch-dynamischen Prinzipien, der Boden wird gemäss regenerativer Landwirtschaft bearbeitet, um die Fruchtbarkeit zu fördern. Der Hof trägt das Label Bio Suisse. Ökoelemente, wie Hecken und Brachen, sorgen für Vielfalt.

Die Ernteanteile für alle Produkte auf dem Hof sind in drei Preis-Kategorien erhältlich: minimal – kostendeckend – Förderpreis. Sie können auf dem Hof oder in Depots abgeholt werden.

Der Hof ist Anliegen aller Vereinsmitglieder, die sich in einer Reihe von Arbeitsgruppen um die verschiedenen Bereiche kümmern und tatkräftig auf und um den Hof herum mithelfen.